3. Video-Konferenz mit Dr. Christoph Specht

Zum traditionellen Mai-Stammtischtermin des Industrievereins fiel die geplante Besichtigung des Postverteilungszentrums im Gewerbegebiet Fuhrkamp leider den Corona-Einschränkungen zum Opfer. Stattdessen hatte Vorsitzender Gerhard Witte zwei prominente Gäste eingeladen, in der Video-Konferenz vorzutragen und Fragen zu beantworten.

Mehr als 80 Teilnehmer waren live dabei, als zunächst Bürgermeister Frank Schneider die aktuelle Situation aus Sicht der lokalen Verwaltung schilderte. Schwerpunkt war die Umsetzung der am Wochenbeginn erlaubten Lockerungen im täglichen Leben bei Gastronomie, Einzelhandel, Spielplätzen usw. Kritisch sah Schneider zeitlich und inhaltlich die Differenzen zwischen öffentlichen Ankündigungen der Politik in TV-Sendungen und den konkreten rechtlich verbindlichen Erlassen des Landes, die dann vor Ort umzusetzen sind. Sorge bereiten ihm auch die Reaktionen einiger, in der Regel älterer Bürger, die wenig Einsicht in die geltenden Vorgaben (Mundschutz usw.) erkennen lassen, oder die Neigung zur Denunziation vermeintlichen Fehlverhaltens. Über die bisher erkennbaren wirtschaftlichen Folgen für den städtischen Haushalt berichtete Stadtkämmerer Thomas Grieger, der aktuell sieben Prozent bzw. 3,2 Mio. Euro fehlende Gewerbesteuer vermeldet. Das ist vergleichsweise weniger als in anderen Kommunen, deren Defizite ggf. über die Kreisumlage auch in Langenfeld negative Auswirkungen haben werden.

Dr. Christoph Specht gab einen Überblick über medizinische Erkenntnisse zu Corona und räumte ein, dass – bei einem neuen Virus – viele Fragen nicht abschließend zu beantworten sind. Klar ist auf jeden Fall die Übertragung durch Tröpfchen und Aerosole, die in geschlossenen Räumen lange in der Luft schweben. Die Gefahr einer Infektion durch Flächen ist dagegen vergleichsweise gering. Unbestritten sei „Das Virus hat  das Potenzial, gefährlich zu sein“, und es ist der Kombination von rechtzeitigem Lookdown und guter medizinischer Infrastruktur zu verdanken, dass in Deutschland vergleichsweise wenig Tote zu beklagen sind. Die jetzt beginnenden Lockerungen seien medizinisch zu vertreten und  in der abwägenden Betrachtung aller Faktoren richtig. Dazu gehöre auch die Erkenntnis, dass es neben den „an“ oder „mit“ Corona vermutlich eine große Zahl „durch“ Corona Verstorbener geben wird. Die mit Blick auf die vermuteten Risiken unterlassene Vorsorge oder unterbliebene optimale medizinische Behandlung vieler Patienten (Krebs, Schlaganfälle) wird Todesfälle verursachen. Bei den Fragen an Dr. Specht ging es auch um den schwedischen Sonderweg mit vergleichsweise wenige Infizierten aber vielen Toten. Specht sieht im in der schwedischen Bevölkerung akzeptierten grundlegend anderen Umgang in der medizinischen Versorgung älterer Menschen eine Erklärung.

MdB Christian Lindner beschrieb die Möglichkeiten der Politik auf die Corona-Krise zu reagieren. Er sieht die europäischen Finanzen wegen der vielfältigen „Rettungsschirme“ insgesamt in Gefahr und plädiert –als unmittelbare Hilfe- auf eine Wachstums- und Beschäftigungsorientierte Steuerreform. Für Ideen wie eine neuerliche Kfz-Abwrackprämie hat er mit Blick auf die 2009 gemachten Erfahrungen überhaupt kein Verständnis. Als Sofort-Maßnahme sind für ihn auch Steuermodelle sinnvoll, die zum Beispiel die Jahre 2019 bis 2021 als einen Abrechnungszeitraum ermöglichen. Auf Fragen nach der vermeintlich unzureichenden Besteuerung von amazon weit er daraufhin, dass auch große deutsche Firmen ihre im Ausland erwirtschafteten Gewinne primär in Deutschland versteuern. Sein Ziel sei eine „Waffengleichheit zwischen stationärem und online-Handel“.