Heimatkunde und Naturschutz statt Produktionshallen

Die Mitglieder des Industrievereins Langenfeld treffen sich zu ihrem regelmäßigen Stammtisch sonst immer in örtlichen Betrieben, um sich dort über Entwicklungen, Produktionen und andere geschäftliche Themen auszutauschen. Dienstag dieser Woche jedoch hatte der Vorsitzenden Michael Becher in die Wasserburg Haus Graven in Wiescheid eingeladen. Rund 60 Gäste erlebten in dem Denkmal einen interessanten Abend, der mit „Natur- und Heimatkunde“ überschrieben sein könnte und besondere Eindrücke bereithielt

Dr. Hella-Sabrina Lange, die neben der Leitung des Langenfelder Stadtmuseums und des Stadtarchivs als Geschäftsführerin der Stiftung Haus Graven gGmbH tätig ist, streifte in ihrer Begrüßung die Geschichte des „historischen Kleinods“, die wechselvolle, jüngere Vergangenheit der Immobilie bis zum Kauf der Burg durch die Stadt im Jahre 2020. Ziel der Stiftung ist es, die Burg dauerhaft der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das geschieht unter anderem durch kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte und Ausstellungen. Viele Gäste lockt das in einem Seitenflügel untergebrachte Bildungszentrum für Umwelt- und Klimaschutz (BZKU). Auch das einladende Burg Café macht Haus Graven zum lohnenden Ausflugsziel.

Hannah Kruft, seit einem Jahr Leiterin des BZKU, erläuterte in ihrem Vortrag die Arbeit des Zentrums als „außerschulischen Lernort“ und Bildungsstätte für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz. In 2024 besuchten 2000 Gäste aller Altersgruppen die verschiedenen Angebote. Hannah Kruft sieht ihre Aufgabe erfüllt, wenn sie bei einigen Besuchern „Änderungsimpulse“ auslösen kann, sprich Vorsätze, im eigenen Alltag umweltbewusster zu agieren.  Unter Krufts Aufsicht konnten die mutigen Gäste -im wahrsten Sinne des Wortes- hautnah eigene Eindrücke sammeln, wenn ihnen Stabheuschrecken oder andere Insekten wie wandelnde Blätter über die Hände und Arme krochen.  Andere Gäste nutzen derweil die Gelegenheit, die zugänglichen Räume im Obergeschoss zu besichtigen, wobei einige von ihnen gestanden, „noch nie in der Burg gewesen“ zu sein.

Praktischen Naturschutz vermittelte zusätzlich Franco Cassesse, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Biologischen Station Hagen. Unterstützt von den Ortsgruppen des NABU und BUND in Langenfeld stellte er mit konkreten Beispielen das Projekt „Mehr Platz für Spatz und Co“ vor, das Nisthilfen bei Altbausanierungen unterstützt. Auch moderne Bauten könnten in Sachen Umwelt- und Naturschutz durchaus optimiert werden.

Michael Becher zeigte sich mit dem Verlauf des Abends sehr zufrieden. Er erklärte die ungewohnte Örtlichkeit damit, dass es ihm wichtig sei, den lokalen Unternehmern auch zu zeigen, was Langenfeld zu bieten habe. „Möglicherweise ist es für Firmen auch interessant, die Wasserburg als Lokalität für eigene Events zu nutzen“. Beim anschließenden Imbiss teilten die Gäste Bechers Ansicht. „Die Wasserburg ist ein Gewinn für Langenfeld“, kommentierte Unternehmer Arne tom Wörden, und Wasserski-Chef Johannes Süß ließ wissen „Wer nicht hier war, hat was verpasst“.

Info:

Die Wasserburg Haus Graven im Stadtteil Wiescheid wurde vermutlich um 1300 als Nachfolgebau der ca. 800 Meter nördlich gelegenen „Motte Schwanenmühle“ errichtet. Der U-förmige Bruchsteinbau ist an drei Seiten von breiten Wassergräben umgeben. Bei dem erhaltenen Gebäude handelt es sich um die im 17. Jahrhundert – möglicherweise nach Schäden durch den Dreißigjährigen Krieg– neu erbaute oder wieder aufgebaute Vorburg, an deren Ecken Vierecktürme mit Pyramidendächern hervortreten.

Seit 2009 kümmert sich der gemeinnützige Förderverein „Wasserburg Haus Graven e.V.“ um die Burg und ihre kulturelle Nutzung. Besondere Aktivitäten sind Mittelalter-Märkte oder die alljährliche „Weihnacht auf Haus Graven“ am 4. Adventssonntag.

Text: Martin Mönikes
Foto: Ralph Matzerath

v.l. Ludwig Wenzel (Leiter Umweltschutz AG) Michael Becher, Michael Hugenberg (Nabu), Franco Cassese beim Austausch über Nisthilfen © Fotografie RALPH MATZERATH