Einem Produkt aus Langenfeld begegnen die meisten Menschen in den ersten Minuten ihres Lebens. Wieso? Die wenigen Tropfen Blut aus der Ferse der Neugeborenen, die zum klassischen Screening in Kreißsälen und Kinderkliniken ausreichen, werden mit Hilfe einer von Kreienbaum vertriebenen Inzisionshilfe auf Knopfdruck entnommen. Die 1997 gegründete Firma produziert die Tests nicht selbst, sie lässt produzieren und vertreibt die Produkte in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Ursprünglich waren Laborsysteme für Biotechnologie und Medizin das Kerngeschäft, seit 2004 ist Neonatologie als Teil der Kinderheilkunde der Schwerpunkt.
Dienstagabend nutzten rund 80 Mitglieder des Industrievereins in den Gebäuden auf dem knapp 5.000 qm großen Grundstück im Gewerbegebiet Reusrath die Gelegenheit, sich über die Geschichte des mittelständischen Familienunternehmens, die Geschäftsidee und die Produkte des Marktführers zu informieren. Frank-Eugen Kreienbaum begrüßte und nannte eindrucksvolle Zahlen: über 10 Millionen Euro Umsatz und 20.000 Aufträge jährlich, 1.500 qm Büro- und 1.900 qm Lagerflächen die teilweise vermietet sind, 35 Mitarbeiter, davon 15 im Vertrieb, 1300 verschiede Produkte. Kreienbaum verwies auf die Firmenphilosophie „Weil wir alle Recht auf eine lebenswerte Zukunft haben“.
In einem sehr eindrucksvollen Film-Vortrag ermöglichte Dr. Ioana Bialas von der Uniklinik Essen einen Einblick in die Neonatologische Intensivstation im Umfeld der Geburtshilfe. Es ging um die Versorgung der Babys unmittelbar nach der Geburt, auch Sondersituationen wie Kaiserschnitte oder die Bemühungen um das Bonding, die prägende Phase für die emotionale Beziehung zwischen Kind und Eltern. Jedes zehnte Kind kommt zwischen der 32. und 37. Schwangerschaftswoche zur Welt, gilt damit als Frühgeburt. Auch in diesem hochsensiblen Bereich helfen Kreienbaum-Produkte, von der passenden Positionierung im Inkubator, Thermofolien, Fixierungshilfen, Hör- oder Nasenschutz oder besonderen EKG-Elektroden.
Nach den unmittelbar medizinischen Themen lenkte Rechtsanwalt Kai Sturmfeld in einem faktenbasierten Referat den Blick auf die möglichen Auswirkungen der geplanten Krankenhausreform in der Region. Die Ausgangslage: Deutschland hat die höchste Krankenhausdichte in Europa, keine signifikant größere Lebenserwartung, Gesamtkosten in 20222: 132,7 Milliarden. Für 2024 erwarten 71 Prozent der Krankenhäuser eine weitere Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation. Energie, Sach- und Personalkosten steigen, die Liquidität ist eingeschränkt. Die Lauterbach-Reform sieht er grundsätzlich positiv, ausdrücklich auch die Einführung von Leistungsgruppen, wonach Krankenhäuser nur noch die Leistungen erbringen, für die sie Struktur- und Prozessqualitätsmerkmale erfüllen. Je nachdem, ob eine Leistungsgruppe Gewinn oder ein Minus verspricht, löst diese Entscheidung gemischte Reaktionen aus. Frühere Vorgaben, wonach die Dauer des Aufenthalts in der Station oder der Fall als solcher pauschal abgegolten wurde, ließen „Spielräume“ erkennen, nicht immer zu Nutzen der Patienten. Die politische gewollte Langenfelder/Hildener -Lösung, unter dem Dach der GFO einen Flächenstandort für zwei Häuser zu bilden, habe Vorteile und führt dazu, die Abteilungen an einem Standort zu konzentrieren. Die Geburtshilfe zum Beispiel ist seit Jahresbeginn in Hilden. Ob dauerhaft beide Standorte überleben, sei wie der „Blick in die Glaskugel“, so Sturmfeld, das hänge von der baulichen Substanz, Erweiterungsmöglichkeiten, Baurecht, Strategie und Wettbewerbsanalyse an. Nachdem Sturmfeld geduldig einige Fragen beantwortet hatte, dankte IVL-Vorsitzender Michael Becher den Vortragenden, den Gästen und vor allem der Familie Kreienbaum. Bei einem herzhaften Imbiss gab es genügend Gesprächsstoff für die Gäste.
Text & Fotos: Martin Mönikes